Elektronische Rechnungen und De-Mail

Wer als Unternehmer von der Möglichkeit des § 15 UStG zum Vorsteuerabzug Gebrauch machen möchte – das heißt die einem Lieferanten gezahlte Umsatzsteuer / Mehrwertsteuer steuermindernd geltend machen oder sich gar vom Finanzamt „zurückzuholen“ –, bedarf unter anderem einer Rechnung des Lieferanten. Diese muss nicht mehr in Papierform vorliegen, sondern kann auch elektronisch übermittelt werden. Zur Verringerung von Betrugsrisiken sieht der auf Art. 233 der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie 2006/112/EG zurückgehende § 14 UStG zwar Formalien vor. So muss jeder Unternehmer die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit gewährleisten. In welcher Weise er dies tut, steht ihm aber seit dem Steuervereinfachungssgesetz 2011 frei. Als eine Möglichkeit nennt das Gesetz „jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren […], die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können.“ Nach Absatz 3 „gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet“ durch eine qualifizierte Signatur oder eine Übertragung im Wege des EDI.

Die seit 1. Juli 2011 geltende Gesetzesfassung nennt damit De-Mail nicht als Übermittlungsweg, der die Vermutung der Richtigkeit auf seiner Seite hat. Dem entsprechend führt auch der mit Schreiben des BMF vom 2. Juli 2012 (DStR 2012, 1454; hierzu auch Groß/Lamm/Lindgens, DStR 2012, 1413) geänderte Anwendungserlass De-Mail nur als ein Übermittlungsweg neben der E-Mail auf. Auch per De-Mail übersandte Rechnungen müssen deshalb im genannten innerbetrieblichen Kontrollverfahren überprüft werden; eine besondere Vermutung der Echtheit kommt ihnen nicht zu.

Das kritisieren Alexander Seidl, Marc Michael Maisch und Florian Albrecht in ihrem Beitrag für JurPC. Sie weisen auf die besonderen Gefahren der „ungeschützten“ E-Mail hin, die auch durch innerbetriebliche Kontrollverfahren beim Rechnungsempfänger kaum aufzudecken oder gar auszugleichen seien. Bei De-Mail bestünden diese Gefahren aber in weitaus geringerem Maße. Sie kommen – vor allem im Hinblick auf das Fehlen der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung – zum Ergebnis:

Abschließend kann festgehalten werden, dass die De-Mail eine erhöhte Verfahrenssicherheit im Vergleich zur einfachen E-Mail aufweist, jedoch nicht im Vergleich zur Briefpost.

und fordern:

Aus rechtspolitischer Sicht […] muss die beispielhafte Aufnahme des De-Mail-Standards dringend empfohlen werden: Die deklaratorische Nennung der De-Mail im Beispielkatalog des § 14 Abs. 3 UStG könnte als Appell an den Rechtsanwender geeignet sein, anstelle der einfachen E-Mail einen sichereren Kommunikationskanal zu wählen.

Im Kommentar: Zur bislang offenen Frage der Rechtsfolgen siehe K § 1 Rdnr. 79 – hierzu auch E-Justiz: Das BMJ präferiert Anwaltspostfächer gegenüber De-Mail; zur Kritik am Fehlen der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung siehe K § 1 Rdnr. 35 ff. und 69 sowie K § 5 Rdnr. 25 und die „Warnung“ von Netzpolitik.