„mehr durchgehende Verschlüsselung“

Stefan Krempl schreibt auf heise.de ganz euphorisch:

Bundestag fordert mehr durchgehende Verschlüsselung
Der Bundestag plädiert dafür, „sichere elektronische Kommunikation“ und „vertrauenswürdige Ende-zu-Ende-Verschlüsselung“ zu gewährleisten, stärker anzuwenden und weiterzuentwickeln. Konkret fordern die Volksvertreter die Bundesregierung in einem in der Nacht zum Freitag angenommenen Antrag zum „innovativen Staat“ auf, „sichere und vertrauenswürdige Verschlüsselungsverfahren sowie deren Implementierung und einfache Handhabbarkeit zu fördern und zu unterstützen“.

Als ein wichtiges Mittel dazu sieht der Bundestag den Einsatz starker kryptografischer Produkte, auch wenn auf Regierungsseite ab und an Bedenken dagegen laut werden. Die Abgeordneten begrüßen, dass die Arbeitsgemeinschaft De-Mail zwischenzeitlich ein Plug-in vorgestellt hat, mit dem Nutzer auch ohne Fachkenntnisse ihre elektronische Post durchgehend verschlüsseln könnten. Dies könne einen wichtigen Beitrag dazu leisten, „das Vertrauen und die Akzeptanz“ in den Dienst zu erhöhen. Nötig sei es aber, dass zusätzliche Sicherheitsfunktionen nicht erst von den Anwendern eingerichtet, sondern „standardmäßig verfügbar und entsprechend implementiert werden“.

Krempl fasst hier den verlinkten Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
„Innovativer Staat – Potenziale einer digitalen Verwaltung nutzen und elektronische Verwaltungsdienstleistungen ausbauen“ aus BT-Drs. 18/9788 zusammen, der am vorigen Donnerstag mit den Stimmen der Großen Koalition angenommen wurde.

Der Antrag enthält viele schön klingende Programmsätze doch nur wenig konkretes. Insbesondere heißt es — nach einer mehr als 8-seitigen Vorrede — einleitend zu den konkreten Forderungen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf,…

Im Klartext: Wir wünschen uns so dies und das. Geld aber gibts nicht.

Die Abgeordneten wünschen sich zum Beispiel von der Bundesregierung u. a.:

  • angesichts der Erkenntnis, dass Datenschutz und Datensicherheit die zentralen Akzeptanzvoraussetzungen für E-Government sind, die technischen und rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, die höchste IT-Sicherheit und den Schutz des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung sowie des Rechtes auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme sicherzustellen;
  • die Kommunikation und Information zu den Vorteilen der eID-Funktion und von De-Mail zu verbessern und stärkere Anreize für die Verbreitung zu setzen. Voraussetzung hierfür sind die Weiterentwicklung von De-Mail und anderen sicheren und vertrauenswürdigen Ende-zu-Ende-Verschlüsselungsverfahren und deren einfache Implementierung und Handhabbarkeit;
  • sichere und vertrauenswürdige Verschlüsselungsverfahren sowie deren Implementierung und einfache Handhabbarkeit zu fördern und zu unterstützen;

Das war ihnen so wichtig, dass sie den Tagesordnungspunkt an das Ende des langen Sitzungstages packten und ihre Reden zu Protokoll gaben. CDU/CSU und SPD lobten darin die Regierungsaktivitäten und die Entschließung, derweil die Linke und die Grünen mäkelten:

Was E-Government und die Digitalisierung der Verwaltung angeht, ist
Deutschland leider weit im Hintertreffen. Und daran hat sich in den vergangenen Jahren auch wenig geändert. Wie kommt das? Schaut man sich den Antrag der Koalition an, könnte man auf den Gedanken kommen, es müsse wohl daran liegen, dass bisher nicht genügend wohlklingende Zielvorstellungen aufgeschrieben wurden. Allein, gerade daran fehlt es nicht. (…) Sie halten beispielsweise immer noch am gescheiterten Projekt De-Mail fest, statt auf existierende Standards der Verschlüsselung zu setzen. Überhaupt ist das Vorgehen der Bundesregierung hier zwiespältig: Einerseits will man verschlüsselte Kommunikation stärken, andererseits
wendet man beträchtliche Mittel auf, um Wege zu finden, sie zu umgehen. Sicherheitslücken sollen also sowohl geschlossen als auch ausgenutzt werden… (Petra Sitte, Die Linke.)
Ob E-Perso, De-Mail und ELENA, ob die Gesundheitskarte oder das Informationstechnikzentrum Bund – die Liste an chronisch problembehafteten IT-Großprojekten des Bundes ist schon lang, aber offenbar immer noch verlängerbar: In unschöner Regelmäßigkeit wird erst großtrabend angekündigt, um dann bei den absehbaren Mühen der Ebene umso schmallippiger kommentiert ein Prestigevorhaben nach dem anderen in
den Sand zu setzen. (…) Ohne das Benutzervertrauen, dass ein Angebot technisch sicher und dabei der Datenschutz gewährleistet ist, werden IT-Projekte wieder so ruhmlos enden wie De-Mail, E-Perso oder ELENA. Hier bedarf es effektiver Methoden wie der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sowie den neuesten Standards bei der Daten- und IT-Sicherheit. (Konstantin von Notz, Grüne.)

BT-Drs. 18/9788
BT-Prot. 18/225