De-Mail als Rettung für das beA?

Das beA, das „besondere elektronische Anwaltspostfach“, leidet ja bekanntlich an technischen Problemen, und kann daher nicht wie gesetzlich vorgesehen starten. Das ist misslich. Denn § 174 Abs. 3 Satz 2 ZPO fordert ab dem 1. Januar 2018, dass die in Absatz 1 der Vorschrift genannten, darunter Rechtsanwälte, „einen sicheren Übermittlungsweg für die Zustellung elektronischer Dokumente zu eröffnen“ haben. Das wiederum verweist auf § 130a Abs. 4 ZPO, der als „sichere Übermittlungswege“ definiert:

§ 130a ZPO
Elektronisches Dokument

(4) Sichere Übermittlungswege sind

1. der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes bestätigen lässt,

2. der Übermittlungsweg zwischen dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nach § 31a der Bundesrechtsanwaltsordnung oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts,

Das heißt: Wenn und solange das beA nicht bereit steht, müsen Anwälte eventuell auf die De-Mail als sicheren Übermittlungsweg zurückgreifen? RiLSG Dr. Henning Müller vertritt genau dieses in seinem Beitrag ERV mit den Gerichten ab 1.1.2018 – ohne beA: Welche Möglichkeiten gibt es noch?.

Er schließt indes:

Fraglich ist aber, welche Folge die Nichtbeachtung des Normbefehls des § 174 Abs. 3 Satz 4 ZPO hat. In Betracht käme, ihn lediglich als sanktionslose Ordnungsvorschrift anzusehen. … Die Diskussion darüber wird dennoch noch zahlreiche Beiträge füllen, bis sich eine (hoffentlich beruhigende) Rechtsprechung herausgebildet hat – oder, bis ein funktionstüchtiges beA bereit steht.

[Edited to add 2018-01-28]
Der Deutsche Anwaltverein verneint eine solche Pflicht. Er sieht die Möglichkeit und Notwendigkeit, die Norm teleologisch zu reduzieren:

Zunächst spricht der Wortlaut der § 174 ZPO Abs. 3 S. 4 ZPO für die Pflicht von Rechtsanwälten, neben dem aktuell nicht verfügbaren beA einen weiteren sicheren Übermittlungsweg für die Zustellung elektronischer Dokumente zu eröffnen, also ein De-Mail-Konto zu eröffnen. Aus den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens ergibt sich aber, dass der Gesetzgeber die dauerhafte Verfügbarkeit des beA voraussetze und keine Verpflichtung der Rechtsanwälte wollte und auch nicht sah, dass diese neben dem beA einen weiteren sicheren Übermittlungsweg eröffnen müssen. Es liegt eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes vor. Die Vorschrift ist im Wege der teleologischen Reduktion so auszulegen, dass sie auf Rechtsanwälte nicht anwendbar ist.
Es besteht also keine Pflicht für Rechtsanwälte, einen weiteren sicheren Übermittlungsweg für die Zustellung elektronischer Dokumente zu eröffnen. Ein De-Mail-Konto muss nicht eröffnet werden.

Stellungnahme 5/2018 des DAV: „Initiativstellungnahme zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach“