Wie Der Spiegel berichtet, möchte die Telekom die Gunst der Stunde nutzen und das Ziel eines nationalen Internets in die Koalitionsverhandlungen einschleusen. Es soll nicht mehr allein bei der „freiwilligen„ Allianz deutscher E-Mail-Anbieter namens „E-Mail Made in Germany“ bleiben – nicht nur E-Mails sollen allein in einem Netz aus „deutschen“ Servern bleiben. Vielmehr ist es das Ziel der Initative,
dass der Datenverkehr zwischen Punkten in Deutschland oder Europa nicht die regionalen Grenzen verlassen soll. In Europa wurde zum Beispiel ein „Schengen-Routing“ mit Ländern des freien Grenzverkehrs ins Gespräch gebracht.
Die nicht abreißenden NSA-Enthüllungen bilden ein wunderschönes Hintergundbild für diese Business-Idee,
[Bei einem „Schengen-Routing“] bliebe Großbritannien außen vor, wo der Geheimdienst GHCQ gemeinsam mit der NSA in großem Stil Daten aus Glasfaser-Leitungen abfischen soll. Derzeit können die Daten zum Teil über verschiedene Kontinente fließen.
die bei konservativen Überwachungsfreunden auch insofern auf großen Widerhall stößt,
Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte bereits gefordert, dass der Datenverkehr zwischen Sendern und Empfängern, die beide in Deutschland sitzen, nicht über den Atlantik laufen solle. Ebenso hatten sich die stellvertretenden Fraktionschefs der Union, Günter Krings und Michael Kretschmer, für „National Routing“ stark gemacht. Der Plan könnte nun Eingang in die Koalitionsverhandlungen finden.
wie die Telekom nach dem Großen Bruder Gesetzgeber plärrt, der die Idee festschreiben soll:
Eine freiwillige Lösung sei wenig realistisch, sagte Telekom-Sprecher Philipp Blank. Dazu gebe es zu viele Anbieter. „Es ist nun an der Politik, für eine gesetzliche Regelung zu sorgen.“
Sonst aber findet die Idee eines fragmentierten Netzes wenig Begeisterung. Während die „IT-Komissarin“ Neelie Kroes aber nur etwa gegen nationale, nicht europäische Inseln hat:
„Es wäre niemandem geholfen, wenn wir das Internet in kleine nationale Abschnitte aufteilen.“ Die Lösung sei, einen sicheren gemeinsamen europäischen Datenraum zu schaffen. „Keine Fragmentierung, bitte“, forderte die EU-Kommissarin.
… schnütteln die Techniker nur die Köpfe.
Der Datenbestand, den diese Dienste zu verarbeiten haben, ist zu groß für eine einzelne Maschine. Man kann „den Facebook-Server“ genau so wenig beschlagnahmen wie „den web.de Mailserver“ (ja, damit hat – wörtlich – mal jemand mit Mütze gedroht).
Stattdessen teilt man den großen Datenbestand in eine Reihe von nicht überlappenden Teilstücken auf (Partitionen) und weist dann jedem Server eine Reihe dieser Teilstücke zu (Sharding). Dabei kann es mehr als eine Kopie jedes Teilstücks geben (Replikation), damit auch in einem weltweiten Netz die Kopien nahe bei den Kunden sind, die nach den Daten fragen.
Normalerweise ist das Management dieser Shards und ihrer Replikation recht automatisch: werden Daten überwiegend aus Deutschland angefragt, gibt es eine oder mehrere Kopien dieser Daten auf Servern, die physisch in Deutschland stehen. Kommen im Sommer weitere Anfragen nach denselben Daten aus Spanien oder Griechenland dazu, werden weitere Kopien erzeugt, die physisch dort liegen, damit die Anfragen von Kunden dort schneller beantwortet werden können.
Es gibt also gar keine „deutschen Daten“ auf „deutschen Servern“; die ganze Diskussion ist zu sehr „dem Physischen verhaftet“, als handele es sich bei den „deutschen Daten“ um papierne Briefe.
Es sei denn, man klinkt sich aus dem Internet aus. Ein Schritt dahin ist die De-Mail. Sie setzt auf „inländische“ Server, die nur mit „inländischen“ Servern reden, bzw. mit den Rechnern der Nutzern. Wo diese sitzen ist aber ebenso egal wie der Weg, den die Daten zwischen den Nutzern und den Servern bzw. zwischen den Servern nehmen. Hauptsache, sie sind verschlüsselt. (Prinzipiell. Von der „kurzzeitigen“ Entschlüsselung zur Überwachung Überprüfung auf Viren und andere schädliche Inhalte abgesehen.)
Die Computerwoche spricht daher von einer „Mogelpackung“ zum Verkauf Telekom-eigener Cloud-Dienste, und weist – wie schon vor vier Wochen fefe und mit ähnlicher Sprache („scheinheilig“, „schlechter Witz“) – auf die bemerkenswerte Beziehung der Telekom zum Peering-Verfahren hin, das ein „nationales Routing“ von alleine ermöglichte. Frank Rieger, CCC, hierzu:
Die Telekom will, entgegen der überall sonst üblichen Gepflogenheiten, Geld dafür, daß sich andere Internetanbieter mit ihrem Backbone-Netz verbinden. Normalerweise schliessen sich diese an Knotenpunkten wie dem DE-CIX ohne gegenseitige Rechnungsstellung zusammen, das nennt man “peering”. Da nun niemand der Telekom Geld bezahlen will, routen die meisten Anbieter ihren Verkehr Richtung Telekom über andere, meist US-amerikanische und britische Carrier, mit denen sie kostenfrei peeren können. Sobald die Telekom aufhört das Peering durch Geldforderungen zu behindern bleibt der allergrößte Teil des ‘innerdeutschen’ Internetverkehrs ohnehin in Deutschland und ist damit auch (zumindest in der juristischen Theorie) dem Zugriff des BND entzogen.”
Ähnlich Kai Biermann für die Zeit, die zudem die schönsten Reaktionen des Netzes auf „#schlandnet“ gesammelt hat, und ausführlich mspr0 sowie @tante.
Ganz kurz dagegen @kattascha:
Von den Machern von #DEMail jetzt neu: Das deutsche Internet: http://t.co/oKY11gKkzd #Schlandnet
— Katta (@kattascha) November 12, 2013