Normenscreening: 3.500 Schriftformerfordernisse auf dem Prüfstand

Es gibt zu viele Vorschriften in Deutschland. Und im Kontext von E-Government: Es gibt zu viele Schriftformvorgaben. Für Verwaltungsjuristen ist ausgemacht, dass vor allem sie es sind, die der flächendeckenden Einführung des E-Government im Wege stehen. Schon 1996, das heißt vor bald 20 Jahren (!), verwies Roßnagel auf angeblich 3.907 Schriftformvorgaben in 908 Vorschriften, die den elektronischen Austausch von Erklärungen unmöglich machten, eine nicht unbestrittene Zahl. Nun ist zwar deutlich geworden, dass es nicht allein die Gesetze, sondern vorrangig praktische Probleme (nicht zuletzt: die Ausstattung der Behörden mit Computern, Systemen und Fachanwendungen und Mitarbeiter, die sie zu bedienen verstehen) sind, die es auszuräumen gibt. Richtig ist freilich, dass alle Versuche, „die Schriftform“ mit elektronischen Mitteln mühselig erfüllen zu wollen müßig sind, wenn die sie fordernde Vorschrift als unnötig gestrichen werden kann. Dann bedarf es weder der Signatur noch der De-Mail.

Aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber bei Erlass des E-Government-Gesetzes die Bundesregierung in Art. 30 Abs. 2 Nr. 1 aufgefordert, die Gesetze nach Schriftformvorgaben zu durchforsten:

Art. 30
Evaluierung

(1) …
(2) Die Bundesregierung berichtet dem Deutschen Bundestag innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes,
1. in welchen verwaltungsrechtlichen Rechtsvorschriften des Bundes die Anordnung der Schriftform verzichtbar ist und
2. in welchen vewaltungsrechtlichen Rechtsvorschriften des Bundes auf die Anordnung des persönlichen Erscheinens zugunsten einer elektronischen Identifikation verzichtet werden kann.

Die Frist der am 1. August 2013 in Kraft getretenen Vorschrift läuft Ende Juli 2016 und damit in etwas mehr als einem Jahr ab.

Das BMI konnte bislang ziemlich genau 3.500 Schriftformvorgaben in Rechtsvorschriften des Bundes ausmachen und stellt sie in einer Datenbank zum so genannten „Normenscreening“ dar, geordnet nach Gesetz und Vorschrift und sogar dem zuständigen Ressort. Die Bundesministerien und ihre Behörden sind ebenso aufgerufen die Vorschriften durchzusehen und auf ihre Notwendigkeit zu überprüfen wie Länder, Kommunen und Verbände. In der Pressemitteilung heißt es:

Aktuell sieht das Verwaltungsrecht des Bundes noch mehrere Tausend Schriftformerfordernisse vor. Einfache digitale Erklärungen – wie E-Mail – werden durch bestehende Formanforderungen unterbunden. Das Ziel: Wo immer möglich, sollen Verwaltungsleistungen auch elektronisch angeboten werden.
Das im Jahr 2013 erlassene E-Government-Gesetz enthält Regelungen, welche die absenderbestätigte De-Mail oder die eID-Funktion des neuen Personalausweises als elektronischen Schriftformersatz zulassen. Aber auch diese neuen Lösungen setzen einen gewissen Aufwand voraus und lassen sich, gegebenenfalls durch noch einfachere Verfahren ersetzen.

Die Stellungnahmefrist läuft bis zum 21. August 2015.