Heckmann und Albrecht zum E-Government-Gesetz

Das derzeit im Gesetzgebungsprozess befindliche E-Government-Gesetz des Bundes wird von nicht wenigen De-Mail-Anbietern und -Fürsprechern als der erforderliche Schub erhofft, der dieser Technik die notwendige Durchsetzung in der Breite der Bevölkerung verschafft. Schließlich soll dieses Gesetz die Behörden zwingen, den Zugang via De-Mail zu eröffnen. So bekäme diese ausdrückliche Insellösung gleich einen großen und vor allem relevanten Kreis an Anwendern. Der Netzwerkeffekt soll dann für den Rest sorgen.

Diese offenbare Bevorzugung einer Technologie sehen viele kritisch, neben Müller-Terpitz/Rauchhaus auch das Bundesjustizministerium und der Bundesrat. Dem schließen sich nun mit Prof. Dr. Dirk Heckmann der Universität Passau und Florian Albrecht zwei ausgewiesene Experten des „E-Government“ an. In einem Beitrag für die Zeitschrift für Rechtspolitik ZRP 2/2013 S. 42 befassen sie sich kritisch mit dem geplanten E-Government-Gesetz des Bundes und vor allem desssen Fokussierung auf die De-Mail. Sie stellen dem einen technikneutralen Ansatz entgegen, wie er auch vom BMJ und Bundesrat präferiert wird.

Sie fürchten:

[Mit  § 2 II EGovG-E und § 3 a II VwVfG-E] wird De-Mail als gesetzliche Kommunikationsform für elektronische Verwaltungsverfahren verankert und gegenüber anderen Kommunikationstechnologien (wie etwa dem E-Postbrief) privilegiert. Obwohl diese durch § 2 II EGovG-E nicht direkt ausgeschlossen werden, ist nicht damit zu rechnen, dass sich die betroffenen Behörden auch gegenüber anderen sicheren elektronischen Kommunikationstechniken öffnen werden. Die damit einhergehenden Kosten und der mit jedem weiteren Verfahren steigende Bürokratieaufwand werden die Möglichkeit einer Verbesserung der Bürgerkommunikation in den Hintergrund treten lassen.

Die kaum verhohlene Förderung letztlich des Produktes einzelner nationaler E-Mail-Anbieter stoße auf verfassungs-, vergabe- und europarechtliche Bedenken. Die Bevorzugung dieses Produktes führe zu Marktverzerrung. De-Mail werde zum Referenzobjekt; andere, gleichwertige  Technologien anbietende Konkurrenten würden ohne Grund ausgeschlossen. Nationale Insellösungen ließen sich zudem kaum mit den europäischen Grundfreiheiten vereinbaren.

Vorzugswürdig sei demgegenüber eine technikneutrale Formulierung, wie sie sich auch im Diskussionsentwurf des BMJ für ein Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen finde (sowie im E-Justiz-Gesetzentwurf des BMJ, auf den der Bundesrat Bezug nimmt). Diese lasse neben der De-Mail ausdrücklich auch das eingeführte EGVP und „sonstige bundeseinheitliche Übermittlungswege [zu], bei denen die Authentizität und Integrität der Daten gewährleistet werden und im Falle der Nutzung allgemein zugänglicher Netze ein Verschlüsselungsverfahren angewandt wird, das die Vertraulichkeit der übermittelten Daten sicherstellt“. Das sei entwicklungsoffen und technologieneutral.

Es wird angesichts der Vorbehalte des Bundesrates wohl auf eine technikneutrale Verordnungsermächtigung im Gesetz hinauslaufen.

Heckmann/Albrecht, Das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung – Anmerkungen zu E-Government und Technikneutralität, ZRP 2013, 42.