Die Linke hat am 11. Juni 2015 in einer Kleinen Anfrage (BT-Drs. 18/5190) ihre Kritik an der De-Mail wiederholt und sodann in gesamt 24 Fragen die Bundesregierung zu den Kosten der Entwicklung des Systems, zur Akzeptanz bei Nutzern und Behörden, zur Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, zum möglichen Datenzugriff durch Sicherheitsbehörden und zu vergleichbaren Projekten in anderen europäischen Ländern gelöchert. Die Antworten des Innenministeriums vom 1. Juli 2015 (BT-Drs. 18/5440) sind höchst interessant, und gut für eine ganze Reihe Blogposts.
Das ist nicht unbedingt zu vermuten, wenn man die Rezeption des Papiers bei den Medien zum Maßstab ninmmt. Spiegel Online etwa reduziert die zahlreichen Aussagen des BMI auf ein Detail: dass der Aufbau des zentralen De-Mail-Gateways für die Bundesverwaltung ebenso Zeit kostet wie der Anschluss der Behörden an dieses. Das ermöglicht allerdings prägnante Überschriften, wie Felix Schwenzel zu Recht lobt
— auch wenn die Aussage vielleicht etwas zu sehr verkürzt:
Soso. Keine einzige Bundesbehörde akzeptiert #DeMail laut http://t.co/4YAz5mUp0y Dann ist das #BSI wohl keine Bundesbehörde
— Detlef Borchers (@dborch) July 10, 2015
(So ist etwa die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung BLE ebenso über De-Mail erreichbar wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte BfArM und jedenfalls technisch auch das BSI.)
In der Antwort auf die kleine Anfrage heißt es hierzu:
5. Welche Behörden haben nach Kenntnis der Bundesregierung einen De-
Mail-Zugang, und welche werden ihn voraussichtlich ab wann bekommen?Derzeit laufen bei den Bundesbehörden die Vorbereitungen für die Anbindung an das De-Mail-Gateway. Hierbei werden die Behörden bei Bedarf vom Bundesverwaltungsamt unterstützt. In diesem Zusammenhang führt das Bundesverwaltungsamt derzeit eine Abfrage u. a. über die von den einzelnen Bundesbehörden jeweils favorisierten Anbindungstermine durch./em>
Hieraus drechselt Spiegel Online:
Die Bundesregierung kommt bei der Einrichtung des rechtsverbindlichen E-Mail-Systems De-Mail nicht voran. Zwar sollten nach mehreren Verzögerungen bis Ende des Jahres über 200 Bundesbehörden an das System angeschlossen sein. Doch knapp sechs Monate vor Ende der Frist akzeptiert noch kein einziges Bundesamt per De-Mail verschickte E-Mails.
Derzeit würden lediglich „bei den Bundesbehörden die Vorbereitungen für die Anbindung“ an das eingerichtete Gateway laufen, teilt das zuständige Bundesverwaltungsamt auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE mit. Man führe zur Zeit noch die „Abfrage u.a. über die von den einzelnen Bundesbehörden jeweils favorisierten Anbindungstermine durch“.
(Besonders schön ist der Schein knallharter Recherche, den SPON hier zu wahren sucht. Sie zitieren wortwörtlich die Antwort des BMI auf die Kleine Anfrage, zieren sich aber, diese als Quelle zu nennen. Stattdessen rufen sie bei der Pressesprecherin des Bundesverwaltungsamtes an und lassen sich von ihr bestätigen, dass die Antwort stimmt, und belohnen sich hierfür mit „SPIEGEL ONLINE“ in VERSALIEN.)
Spannender ist aber Satz 1 der Antwort, der leider nirgendwo sonst Erwähnung findet:
Das zentrale Gateway zur Anbindung der Bundesbehörden an De-Mail hat am 23. März 2015 seinen Betrieb aufgenommen.
Das bedeutet:
Jede Behörde des Bundes, die einen Zugang zu diesem Gateway hat, ist nach § 2 Absatz 2 des Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung (E-Government-Gesetz) verpflichtet,
bis zum 24. März 2016 einen Zugang für De-Mail zu eröffnen.