Die Elektronische Verfassungsbeschwerde kommt

Die vor einem Jahr gestellte Frage kann nun wohl mit guter Sicherheit bejaht werden: Die elektronische Verfassungsbeschwerde kommt.

Anders als die anderen Gerichte nimmt bislang das Bundesverfassungsgericht nicht am elektronischen Rechtsverkehr teil. Eine per De-Mail erhobene Verfassungsbeschwerde ist daher unzulässig.

Das soll geändert werden. Der vom Bundeskabinett Mitte August 2023 beschlossene Gesetzentwurf sieht die Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs und die Möglichkeit der elektronischen Rechtsverkehrs ebenso wie in den anderen Prozessordnungen vor: Schriftsätze können elektronisch eingereicht werden (§ 23a Abs. 1 BVerfGG-E), wenn die Datei technisch bearbeitbar ist (§ 23a Abs. 2 BVerfGG-E). Sie sind hierfür qualifiziert zu signieren oder auf einem sicheren Übermittlungsweg einzureichen (§ 23a Abs. 3 BVerfGG-E), zu denen die bekannten Wege absenderbestätigte De-Mail, beA, beN, beSt, beBPo, eBO, OZG gehören — und künftig auch (als besonderes OZG) „Mein Justizpostfach (MJP)“, § 23a Abs. 4 BVerfGG-E. Rechtsanwält:innen und Behörden müssen elektronisch einreichen, § 23c BVerfGG-E. Das Gericht kann seine Akten künftig elektronisch führen, § 23d BVerfGG-E.

Die Bundesrechtsanwaltskammer begrüßt den Entwurf und vor allem den Gleichlauf mit den anderen Verfahrensordnungen, vermisst aber eine Pflicht zur elektronischen Zustellung durch das Gericht, das heißt den verpflichtenden elektronischen Rückkanal. Die Neue Richtervereinigung drängt auf eine rasche Einführung der E-Akte, aus ökologischen und aus Kosten-Gründen. Der Deutsche Anwaltverein stimmt dem Entwurf ebenfalls zu, bittet aber um die Möglichkeit, auch die Prozessvollmacht elektronisch einreichen zu können, und die elektronischen Akten online einzusehen. Der Rechtsausschuss des Bundesrates ist dem beigetreten (BR-Drs. 441/1/23).

Der EDV-Gerichtstag hingegen befasst sich als einziger mit dem zuerst genannten sicheren Übermittlungsweg, der De-Mail:

Bekanntlich ist der Weg des Schriftformersatzes über die absenderbestätigte De-Mail in Justiz und Verwaltung bisher kaum genutzt worden. Deshalb wird für die Verwaltungskommunikation bereits über die Abschaltung des De-Mail-Weges diskutiert. Ob dessen explizite Aufnahme in das BVerfGG noch sinnvoll ist, scheint zweifelhaft.

Deutscher EDV-Gerichtstag, Stellungnahme zum Gesetzentwurf, 20. Juli 2023

Der Bundesrat wird sich am 20. Oktober 2023 im Plenum mit dem Gesetzentwurf befassen und ihn dann wieder dem Bundestag zuleiten.