Schnipsel Februar 2014

Diese Nachrichten lassen sich wohl auf folgenden gemeinsamen Nenner bringen: Die De-Mail ist noch immer hoffnungslos unbeliebt, da helfen weder Tricksereien noch vollmundige Beschwörungen. Doch es gibt da einen Lichtblick – die Politik beginnt womöglich zu verstehen.

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Thomas Heuzeroth befragt für die „Welt am Sonntag“ United-Internet-Chef Ralph Dommermuth, „Deutschlands einzigen Internet-Milliardär“. Und hätte große Mühe, seine offenbar tiefempfundenen Ehrfurcht und Begeisterung zu verbergen. Stattdessen schmeichelt er dem Gegenüber schamlos. Der bedankt sich höflich mit einer kleinen Lüge über die vermeintliche Seriosität von welt.de.

Fühlen Sie sich eigentlich sicher, wenn Sie im Internet unterwegs sind?

Es kommt darauf an, wo ich mich bewege. Wenn ich auf der Webseite der Welt online bin, habe ich auf jeden Fall ein gutes Gefühl.

Das ganze Stück wäre kaum der Rede wert, enthielte es nicht folgende Passage:

Außerdem haben wir [neben „E-Mail Made in Germany“] auch noch die rechtssichere De-Mail.

Die aber kaum jemand nutzt.

Unser Dienst ist noch kein Jahr aktiv, und bereits heute haben über 500.000 Kunden eine De-Mail-Adresse. Aber wie bei jedem neuen Kommunikationsdienst gibt es auch hier ein Henne-Ei-Problem. Für die sinnvolle Nutzung von De-Mail braucht man nämlich auf der anderen Seite Kommunikationspartner, welche die sichere und rechtsverbindliche Kommunikation ebenfalls nutzen wie zum Beispiel Ämter und Stadtverwaltungen, die so einen besseren Bürgerservice bieten können. Doch auch dort geht es mit großen Schritten voran.

Naja, ok. Auch hier kaum etwas Neues.

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Torsten Kleinz beschreibt in seinen Computernotizen, wie diese Zahlen zustande kommen. United Internet flutet die kostenlosen Postfächer ihrer Töchter Web.de und GMX mit De-Mail-Spam.

Web.de ist jedoch dafür um so entschiedener von den Vorteilen der De-Mail überzeugt. Und hört nicht auf mir davon vorzuschwärmen. Oder anders formuliert: Web.de lässt nichts unversucht mir diesen Service unterzujubeln. Sie locken, sie drohen und sie täuschen.

Er dokumentiert die E-Mails, in denen Web.de vermeintliche Ablauffristen setzt, das Löschen von Adressen vorgibt, ihre „Reaktivierung“  aus Kulanz anbietet und den Eindruck erweckt, der tatsächlich nie begonnene „Beantragungsprozess“ stehe kurz vor dem Abschluss. Die hieraus deutlich werdende Verzweiflung müsste erschüttern.

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… wäre sie nicht allenthalben zu spüren. Die Telekom etwa wirft stattdessen mit immer mehr Geld um sich. Der Kurs steht derzeit bei 40 € als Amazon-Gutschein bzw. bei 60 € als Zalando-Gutschein. (Was wiederum eher gegen Zalando spricht.)

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Steria Mummert Consulting versucht ebenfalls, De-Mail an den Mann zu bringen, hier: an die „CIOs“ von Kommunen, die sich zu E-Government verdonnert sehen. Für läppische 75 € erhalten sie sicherlich sehr hilfreiche Tipps, wie man auch mit knappem Budget Großes bewerkstelligen kann. Martina Knierim und Peter Krolle haben sich für E-Government-Computing durch die „Studie“ gearbeitet, und fassen sie zusammen mit: Nutzt den neuen Personlausweis und De-Mail!

Eine Möglichkeit, Angebote im eGovernment sicherer zu gestalten, besteht in der Bereitstellung von Lösungen mit der Online-Ausweisfunktion des neuen Personalausweises (nPA) und mit De-Mail…

Sowohl mit der eID als auch mit De-Mail wird ein deutlich sicherer Standard bei der Datenübertragung erreicht als beim herkömmlichen Versand per eMail… Darüber hinaus sind die beiden Technologien deutlich weiter verbreitet als Signatur- und Tokenverfahren.

Diese Vorteile erkennen immer mehr Verwaltungen. 45 Prozent der Öffentlichen Verwaltungen planen bis 2015 Erstinvestitionen in De-Mail. 43 Prozent wollen Geld in Angebote mit dem neuen Personalausweis investieren.

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Der Lichtblick: Die Große Koalition versteht den Koalitionsvertrag scheints nicht als Lippenbekenntnis. Vertreter sowohl der Union wie der SPD haben sich ebenso wie die Grünen auf einer Konferenz des Justizministeriums am „Safer Internet Day“  für eine durchgehende De-Mail-Verschlüsselung ausgesprochen, wie Stefan Krempl auf heise.de berichtet:

Die Politik müsse über eine durchgehende kryptographische Lösung bei De-Mail reden, betonte Stephan Mayer, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am Dienstag auf einer Konferenz zum Safer Internet Day in Berlin. …

„Wir wollen die sichere Ende-zu-Ende-Verschlüsselung vorantreiben“, bekräftigte Gerold Reichenbach, Datenschutz-Experte der SPD-Fraktion.

„Man muss um die Mail herum Sicherheitsstandards schaffen wie beim richtigen Brief“, forderte die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Recht und Verbraucherschutz, Renate Künast.

[Nachtrag 2014-02-19]

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Felix „ix“ Schwenzel (von dem ich den Link auf Kleinz‘ Computernotizen habe) beschreibt, wie er eine telefonische Kaltakquise von 1&1 abwimmelt, und schließt:

 jetzt freue ich mich auf den anruf, in dem mir eine kollegin von frau s. versucht ein de-mail-konto anzudrehen.

[/Nachtrag]