„E-Mail Made in Germany“ Teil II: #schlandnetz

Wie Der Spiegel berichtet, möchte die Telekom die Gunst der Stunde nutzen und das Ziel eines nationalen Internets in die Koalitionsverhandlungen einschleusen. Es soll nicht mehr allein bei der freiwilligen Allianz deutscher E-Mail-Anbieter namens „E-Mail Made in Germany“ bleiben – nicht nur E-Mails sollen allein in einem Netz aus „deutschen“ Servern bleiben. Vielmehr ist es das Ziel der Initative,

dass der Datenverkehr zwischen Punkten in Deutschland oder Europa nicht die regionalen Grenzen verlassen soll. In Europa wurde zum Beispiel ein „Schengen-Routing“ mit Ländern des freien Grenzverkehrs ins Gespräch gebracht.

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„Digitales Deutschland 2020“

Der IT-Planungsrat, die auf Art. 91c GG gestützte Lösung des Problems „Föderalismus in Zeiten des Internet“, legte gestern die Studie „Zukunftspfade – Digitales Deutschland 2020“ vor. In der Pressemitteilung heißt es:

[In der Studie] werden die gesellschaftspolitisch wichtigsten Bereiche der Digitalisierung analysiert. Neben den digitalen Trends in Politik und Verwaltung gehören dazu auch Grundlagenthemen wie Infrastruktur, Souveränität, Sicherheit und Datenschutz sowie die digitalen Lebenswelten der Bürger (Verwaltung, Arbeit, Verkehr und Mobilität, Umwelt und Energie, Gesundheit und Kultur).

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E-Justiz-Gesetz veröffentlicht

Das E-Justiz-Gesetz, vom Bundestag am 13. Juni 2013 beschlossen und am 5. Juli 2013 vom Bundesrat gebilligt, ist am 10. Oktober 2013 vom Bundespräsidenten ausgefertigt und am heutigen 16. Oktober 2013 im Bundesgesetzblatt (BGBl. I S. 3786) veröffentlicht worden.

Nunmehr tritt am morgigen 17. Oktober 2013 in Kraft

§ 371b ZPO
Beweiskraft gescannter öffentlicher Urkunden

Wird eine öffentliche Urkunde nach dem Stand der Technik von einer öffentlichen Behörde oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person in ein elektronisches Dokument übertragen und liegt die Bestätigung vor, dass das elektronische Dokument mit der Urschrift bildlich und inhaltlich übereinstimmt, finden auf das elektronische Dokument die Vorschriften über die Beweiskraft öffentlicher Urkunden entsprechende Anwendung. Sind das Dokument und die Bestätigung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen, gilt § 437 ZPO entsprechend.

Das übrige komplexe Inkrafttreten des Gesetzes habe ich hier dargestellt.

[Nachtrag 2013-10-17] Sehr schön ist auch die Übersicht der Änderungen (mit Synopse) bei buzer.de [/Nachtrag]

De-Mail „ein klarer Kauf“?

Aber selbstverständlich, findet die mir nicht ganz geheure Seite „Der Aktionär“ des werbe- und popup-verseuchten Angebots „finanzen.net“ aus dem Hause Springer:

Dieser Hot-Stock geht ab Als Bundespräsident Joachim Gauck Ende Juli das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung, zu Neudeutsch E-Government-Gesetz (EGovG), unterschrieb, sorgte er nicht nur dafür, dass die Bürger künftig Behördengänge schneller erledigen können. Er schuf auch einen neuen Markt für Unternehmen wie Francotyp-Postalia…

heißt es dort. Eine Werbung für das Unternehmen oder seine Aktie ist mit diesem „Online Tipp des Tages“ übrigens keinesfalls verbunden:

+++ Diese Meldung ist keine Anlageberatung oder Aufforderung zum Abschluss bestimmter Börsengeschäfte… +++

Wie käme man auch darauf. Die „Meldung“ malt in buntesten Farben das enorme Potential, das Volumen, die Möglichkeiten.

Die Aktie dürfte daher mit dem 9-Monats-Bericht Anfang November seine Aufwärtsbewegung noch einmal beschleunigen. Mit einem 2014er-KGV von 9 und einer Dividendenrendite von rund vier Prozent ist der Wert ein klarer Kauf.

Wenn aber die ökonomische Basis der „Meldung“ so solide ist wie die juristische, dann besser Finger weg von den Werten „Der Aktionär“ und „finanzen.net“. Denn dort heißt es:

Gemäß des seit 1. August gültigen EGovG müssen Bundesbehörden ab 2014 einen elektronischen Kontaktweg anbieten, über den Bürger Anträge und andere Dokumente erhalten und versenden können – die DE-Mail… „Wenn Sie als Kunde Ihres lokalen Finanzamtes ab Sommer 2014 sagen, dass Sie die Einkommensteuer per DE-Mail haben oder einen Einspruch per DE-Mail einlegen wollen, dann muss das Finanzamt in der Lage sein, dass auch umzusetzen“, so Hans Szymanski, Finanzvorstand der Francotyp-Postalia AG im Gespräch mit dem aktionär.

. Im “Sommer 2014″, das heißt zum 1. Juli 2014, tritt § 2 Abs. 1 EGovG in Kraft. Dieser verpflichtet die Behörden nur, E-Mails entgegennehmen zu können, auch wenn sie (die E-Mails) qualifiziert signiert sind. De-Mails können sie (die Behörden) entgegennehmen, müssen es aber nicht. Diese Pflicht begründet erst § 2 Abs. 2 EGovG [Nachtrag 2013-10-17] – beschränkt auf Behörden des Bundes, die „Zugang zu dem zentral für die Bundesverwaltung angebotenen IT-Verfahren [haben], über das De-Mail-Dienste für Bundesbehörden angeboten werden.“ Vom „lokalen Finanzamt“ kann also keine Rede sein. Auch diese damit arg zurückhaltende Vorschrift Dieser [/Nachtrag] aber tritt erst “ein Kalenderjahr nach Aufnahme des Betriebes des zentral für die Bundesverwaltung angebotenen IT-Verfahrens, über das De-Mail-Dienste für Bundesbehörden angeboten werden” in Kraft, Art. 31 Abs. 4 EGovG. Den Termin gibt das Bundesministerium des Innern wie gesagt im Bundesgesetzblatt bekannt.

Lesen Sie mit, Herr Szymanski?

Heckmann: De-Mail Achillesferse des EGov-Gesetzes?

Prof. Heckmann wiederholt und vertieft seine Kritik an der Bindung des E-Government-Gesetzes an die De-Mail. Diese begründe eine Notifizierungspflicht gegenüber der Europäischen Kommission. Eine Notifizierung hat es aber nicht gegeben. (Ebenso wenig übrigens beim E-Justiz-Gesetz, wie der zuständige Referatsleiter im BMJ Meyer-Seitz  im September 2013 beim EDV-Gerichtstag launig bestätigte: „Niemand hat die Absicht, das Gesetz zu notifizieren.“)

Der Aufsatz in der Septemberausgabe der MMR greift die bereits im Beitrag für die Legal Tribune Online vorgebrachten Argumente auf. Nach Art. 8 der sogenannten Informationsrichtlinie 98/34/EG

„übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission unverzüglich jeden Entwurf einer technischen Vorschrift”. Als „technische Vorschrift” definiert Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie insbesondere „Vorschriften betreffend Dienste, … deren Beachtung rechtlich oder de facto für … die Erbringung des Dienstes, die Niederlassung eines Erbringers von Diensten oder die Verwendung in einem Mitgliedstaat … verbindlich ist”. Als „Dienst” wird wiederum jede „Dienstleistung der Informationsgesellschaft, d.h. jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung” angesehen (Art. 1 Nr. 2 RL 98/34/EG). …

Die Erbringung eines Dienstes zur Übermittlung elektronischer Nachrichten, wie dies von klassischen E-Mail-Providern, aber auch durch Anbieter spezieller Kommunikationsdienstleistungen wie der De-Mail oder dem E-Postbrief angeboten wird, unterfällt unstreitig dem „Dienstebegriff” der Informationsrichtlinie. Vor diesem Hintergrund wurde auch der seinerzeitige Entwurf des De-Mail-Gesetzes der EU-Kommission angezeigt.

Entsprechend sei nicht nur die Änderung des De-Mail-Gesetzes notifizierungspflichtig gewesen, die mehr als nur redaktioneller Art gewesen sei. Vor allem aber sei die Verankerung der De-Mail im neuen § 3a Abs. 2 VwVfG anzuzeigen gewesen:

Mit dieser Vorschrift wird die De-Mail ausdrücklich als Schriftformersatz normiert. Das ist nicht nur neu, sondern hat auch eine überragende Bedeutung für die künftige Kommunikation mit der Verwaltung. Erst durch diese Neuregelung bekommt die De-Mail das Gewicht, das der Gesetzgeber mit dem ursprünglichen De-Mail-Gesetz politisch ins Auge gefasst haben mag, aber eben noch nicht gesetzlich festgeschrieben hatte. Das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung ist auch ein Gesetz zur Förderung der De-Mail als Kommunikationsstandard und hat damit einen erheblichen Einfluss auf den Markt der Kommunikationsdienste. Dass andere Dienste und ihre Anbieter mit vergleichbaren Produkten nicht ganz ausgeschlossen sind, entlastet nicht, weil deren Marktzugang erst nach Erlass weiterer Normen (ohne Rechtsanspruch) möglich ist und diese selbst dann keine gleichberechtigte Stellung erwerben.

Im Ergebnis sei das Gesetz wegen des Anwendungsvorrangs europäischen Rechts nicht anwendbar. Staatshaftungsansprüche seien denkbar.

Der Beitrag mit dem provokanten Titel „Ein Gesetz zur Verhinderung der elektronischen Verwaltung?“ bezeichnet das Vorgehen der Bundesregierung als

„ein Spiel mit dem Feuer: Es kann gut gehen, nämlich dann, wenn die Notifizierungsfrage sowohl von der EU-Kommission als auch von den Normadressaten schlicht ignoriert wird. Was aber passiert, wenn das Gesetz tatsächlich als notifizierungspflichtig eingestuft wird? Die dann im Raume stehende Unanwendbarkeit des gesamten Reformpakets führte zu Rechtsunsicherheit und bedeutete dann tatsächlich eine Verhinderung der Verwaltungsmodernisierung durch fortschrittlichen Einsatz elektronischer Medien.“

Abschließend spricht sich Heckmann erneut für allgemeine Sicherheits- und Qualitätsstandards und gegen nationale „Insellösungen” aus. Er verweist diesbezüglich auf den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt (KOM (2012) 238).

Heckmann, Ein Gesetz zur Verhinderung der elektronischen Verwaltung? – Folgen der unterlassenen Notifizierung des E-Government-Gesetzes, MMR 2013, 561.

Rentenversicherung nun De-Mail-Nutzer (fast)

Nur eine kurze Durchsage der Deutschen Rentenversicherung:

[S]eit Neuestem ist die Deutsche Rentenversicherung Bund auch per De-Mail unter der Adresse De-Mail@drv-bund.de-mail.de rund um die Uhr erreichbar.

Mit einem kleinen, aber feinen Zusatz im Kleingedruckten: Die Rentenversicherung kann damit gar nichts anfangen.

Bitte beachten Sie: De-Mail ist eine neue Kommunikationsmöglichkeit. Aus diesem Grund wird die Deutsche Rentenversicherung am Anfang ihre Anfrage in der Regel per Post beantworten. Wir werden die Nutzung des Verfahrens De-Mail beobachten und dann unsere Fachverfahren auf die Bedürfnisse unserer Kunden ausrichten.

Haha.

Alleinstellungsmerkmal Mail-Verschlüsselung II

Je dichter die Nachrichten zur NSA-Affäre auf uns einprasseln, umso mehr Firmen sehen die Chance, das Thema Verschlüsselung gewinnbringend als Alleinstellungsmerkmal herauszustellen (so man ihr noch trauen kann.):

Nach Mitteilung von heise.de plant Brasilien einen spionagesicheren E-Mail-Dienst.

Brasiliens staatliche Post Correios solle den Dienst entwickeln und in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres einführen. Ziel ist demnach eine brasilianische Alternative zu populären Diensten wie Hotmail und Gmail. … Der Dienst soll mit Verschlüsselung arbeiten, um den Datenschutz der Nutzer zu gewährleisten. Aus dem gleichen Grund sollen darüber hinaus alle Daten in Brasilien gespeichert werden.

Und Mentana-Claimsoft, der erste akkreditierte De-Mail-Anbieter, vermag plötzlich zu zeigen, dass Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bei der De-Mail doch nicht so unheimlich kompliziert ist, wie das BMI immer insistiert hat. In einer Pressemitteilung heißt es:

Die Mentana-Claimsoft GmbH, ein Tochterunternehmen der börsennotierten Francotyp-Postalia Holding AG, bietet ihren De-Mail-Kunden ab jetzt eine optionale Ende-zu-Ende-Verschlüsselung an. Damit können De-Mail-Nutzer selbst entscheiden, auf welche Weise sie ihre digitale Post sicher auf den Weg schicken wollen. 

Grundsätzlich kann bereits heute jeder Nutzer jede De-Mail selbst mit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung versehen. Die Verfahren dafür sind aber relativ aufwendig und technisch komplex, so dass sie in der Praxis vergleichsweise selten Anwendung finden.

Mit ein bisschen Geld aber…

Unternehmen und Behörden, die ihre De-Mails über ein implementiertes Gateway von Mentana-Claimsoft versenden, können dort optional eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung einrichten. … ‚Das passiert über eine Einstellung in der Weboberfläche des Gateways, die der Administrator einfach vornehmen kann.‘

So einfach.

Frankfurter Rundschau zum E-Government-Gesetz

Die Frankfurter Rundschau hat unter dem Titel „Der lange Weg zum digitalen Amt“ einen im Großen und Ganzen kundigen, insgesamt lesenswerten Beitrag von Jessica Binsch (@j_nb) veröffentlicht:

Alle onlinefähigen Dienstleistungen der Bundesverwaltung sollten elektronisch verfügbar sein – bis 2005. […] Mit 2005 hat es nicht so ganz hingehauen, aber nun soll ein Gesetz den Durchbruch bringen – das „Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung“, kurz eGovernment-Gesetz.

Zum Artikel zwei Anmerkungen:

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Änderung des De-Mail-Gesetzes

Kurze Durchsage:

Das  “Gesetz zur Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes” ist nun doch durch. Es wurde am 7. August 2013 ausgefertigt und am heutigen 14. August 2013 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBl. I 2013 S. 3154).

Es führt zu folgenden Änderungen des De-Mail-Gesetzes, in Kraft ab morgen:

Art. 2 Abs. 10 Nr. 1: In § 24 Abs. 1 Nr. 1 wird das Wort „Amtshandlungen“ durch die Wörter „individuell zurechenbare öffentliche Leistungen“ ersetzt.

Art. 2 Abs. 10 Nr. 2: In § 24 Abs. 2 werden
a) in Satz 1 werden die Wörter „feste Sätze, auch in Form von Zeitgebühren,“ durch die Wörter „Fest- oder Zeitgebühren“ ersetzt, und
b) in Satz 2 die Wörter „§ 10 des Verwaltungskostengesetzes“ durch die Wörter „§ 23 Absatz 6 des Bundesgebührengesetzes“ ersetzt.

Zudem wird gemäß

Art. 2 Abs. 11 in § 1 Absatz 2 und 4 der De-Mail-Kostenverordnung jeweils im Satzteil vor Nummer 1 das Wort „Amtshandlungen“ durch die Wörter „individuell zurechenbare öffentliche Leistungen“ ersetzt.

Die De-Mail-Kostenverordnung wie § 24 des Gesetzes, auf dem sie beruht, werden am 14. August 2016 außer Kraft treten, Art. 3 Abs. 8 und 9 sowie Art. 5 Abs. 2 des Gesetzes.